Trauer und Freude

Freitag, 22.11.2019

Am Samstag, den 16.11.2019, war ich zum ersten Mal in meinem Leben auf einer Beerdigung. Leider ist ein Familienmitglied verstorben und somit waren wir nicht nur Gäste, sondern gehörten zum engsten Kreis. Gleichzeitig war dies mein erster Kirchenbesuch in Südafrika. Ich bin in Deutschland noch nie zuvor auf einer Beerdigung gewesen, von daher habe ich keinen direkten Vergleich. Jedoch habe ich in einem vierstündigen Trauer- und Gedenkgottesdienst sehr viel über mich selbst und meine eigene Mentalität gelernt.

Der Gottesdienst an sich war sehr langatmig, aber persönlich. Freunde, Nachbarn, Familie, Arbeitskollegen. Alte Collegebekannte. Alle äußerten schöne Worte, jeder hatte Gutes zu der verstorbenen Person zu sagen. Nach jeder Ansprache wurde ein Gospel gesungen. Gefühlt ganz spontan, es waren um die 20. Und alle wunderschön, die gesamte Gemeinde hat mitgesungen und getanzt, ohne Orgelbegleitung. Allgemein ist zu sagen, dass die Gemeinde alle Emotionen einfach gelebt hat. Viele Leute haben geweint, auf einer Beerdigung normal, aber niemand versucht etwas zu verstecken. Weinen ist ganz natürlich und wird somit auch ausgelebt. Auch Tanz gehört dazu und somit steht man einfach auf und tanzt, auch wenn man die einzige Person im Raum ist. Und auch mit Tränen in den Augen. Im Fokus stand jedoch vielmehr die Lobpreisung des Lebens, weshalb auch viel gelacht wurde. Wenn man nicht gerade jemand geweint hat und Wasser oder Taschentücher gebracht wurden, konnte man schon beinahe schwer glauben, auf einer Trauerfeier zu sein. Umringt von lachenden, tanzenden und singenden Menschen. Wie bereits erwähnt, hat mich diese Erfahrung vor allem nachdenklich gestimmt und über meine eigene Mentalität nachdenken lassen, die ich mir ja nicht aussuchen kann. Die Fähigkeit, oder sagen wir das einfache Ausleben von Gefühlen, sollte eigentlich für keinen ein allzu großes Problem sein. Stattdessen fressen viele ihre Gefühle in sich hinein, was vor allem den Trauerprozess und das Heilen danach nicht unbedingt einfacher gestaltet. Auch mir selbst fällt auf, dass ich eher keine Gefühle ausdrücke, zumindest nicht in einem solchen Ausmaß. Natürlich ist ein unmittelbarer emotionaler Gefühlsausbruch sicherlich auch nicht immer die beste Lösung. Aber stets einen kühlen Kopf bewahren auch nicht. Mentalitäten zu bewerten ist nahezu unmöglich und ich kann jetzt auch nicht sagen, was ich besser finde. Aber in diesem Moment in der Kirche habe ich mir gewünscht, einfach ein bisschen mehr mit dazuzugehören und kam mir sehr verkrampft vor.

Die eigentliche Beisetzung war direkt im Anschluss. Und die Sonne hat so sehr geschienen, hätte meine Gastschwester nicht an einen Schirm gedacht, wäre ich mit meiner neuen, deutlich kürzeren Frisur wohl direkt mit einem Sonnenstich geendet. Die gesamte Gemeinde hat beim bereits ausgehobenen Grab auf dem unendlich großen Friedhof gewartet. Ehrlich gesagt fand ich ihn nicht besonders schön, so in der prallen Sonne, ohne jegliche Vegetation. Für die unmittelbare Verwandschaft stand ein Zelt bereit. Ein wenig unwohl habe ich mich aber gefühlt, da ich die verstorbene Person ja gar nicht wirklich kannte, und habe auch den Sitzplatz verweigert, da ich es für mich angebrachter und angenehmer fand, zu stehen. Es wurde noch einmal gebetet und dann wurde der Sarg eingelassen. Zugeschaufelt würde das Grab nicht von Angestellten, sondern von den Familienangehörigen selbst. Geschmückt mit Blumen, Kränzen und Gestecken von denselben. Während des Einlassen des Sarges wurde ganz besonders viel geweint und wieder unterstütze sich die Gemeinde. Aus ganz verschiedenen Ecken würden immer wieder neue Gospelgesänge abgestimmt und aufgegriffen, um die traurige Stille mit Lebensenergie und Musik zu füllen. 

Anschließend gab noch traditionelles Essen im Haus der Familie. Im Großen und Ganzen habe ich die Beerdigung als sehr aufschlussreich empfunden, wenn auch für mich selbst als sehr Nebenstehenden. Wie gesagt, habe ich leider keinen direkten Vergleich, da ich zuvor noch nie auf einer Beerdigung war. 

Gute Nacht☀️