Übersichtskarte

SAGE Net Merchandising

Mittwoch, 07.07.2021

Ursprünglich hatte ich geplant meinen Freiwilligendienst zu verlängern und noch einmal ein Jahr in derselben Einsatzstelle zu verbringen. Erneut hat mir Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Stattdessen habe ich gearbeitet und ein Praktikum in einer Filmproduktion in Berlin gemacht. Insgesamt war 2020 ein sehr schweres, aber auch Jahr mit maximaler persönlicher Entwicklung. Ich habe viel reflektiert und mich vor allem viel über mich selbst gelernt. Dafür bin ich trotz geplatzter Pläne und Enttäuschungen sehr dankbar und bereue nichts davon.

Dem neuen Freiwilligenjahrgang habe ich mich dennoch angeschlossen, da ich davon ausgegangen bin, erneut auszureisen. Jede*r Freiwillige soll einen Spender*innenkreis aufbauen, der die 25% abdeckt, die nicht vom BMZ übernommen werden. Aufgrund der Corona Pandemie konnten natürlich keine privaten Fundraising Aktionen stattfinden. Stattdessen hat sich der neue Jahrgang ein tolles neues Projekt überlegt.

Das Thema Merchandising wurde schon länger immer mal wieder angerissen, jedoch hatte lange die Kapazität dafür gefehlt. Mit dem aktuellen Freiwilligenjahrgang gibt es die Merch AG, die eigenes Merchandising entwickelt. Somit probieren wir uns im Onlinemarketing aus und machen natürlich auch viel Öffentlichkeitsarbeit.

Das Ziel war von Anfang an, ein minimalistisches Design zu haben, was nicht nur das SAGE Net Logo abbildet. Dazu habe ich in meinem eigenen Netzwerk nach Hilfe gesucht. Glücklicherweise habe ich tolle Freund*innen, die mich immer unterstützen. Das Design ist von einem befreundeten Künstler, der aktuell in Frankfurt wohnt. Vielen lieben Dank für deine Hilfe, ich liebe das Design♥

Gleichzeitig haben wir in der AG in den letzten Monaten an einem eigenen SAGE Net Online Shop gearbeitet, der heute (!) online geht. Es gibt Hoodies, Shirts und Stoffbeutel in verschiedenen Farben. Das Design hat einen minimalistischen For- und einen Backprint. Alle Produkte sind Bio. Die Kollektion heißt „Together We Grow“ und steht ebenfalls dafür, dass wir nur gemeinsam weiterkommen.

Heute ist für mich ein besonderer Tag, weil es jedes Mal ein Erlebnis ist, das Ergebnis harter Arbeit endlich präsentieren zu können. Die letzten Tage waren noch mit finalen Vorbereitungen gefüllt. Wir haben alle hart gearbeitet und während ich diesen Post schreibe, trudeln die ersten Bestellungen ein. Es war sehr toll, die Öffentlichkeitsarbeit, Promotion und Werbung zu planen, verschiedene Plattformen zu bespielen, eigene Fotos mit dem Merch zu verwenden und diesen schließlich zu releasen.

Hier ist er schließlich: der eigene SAGE Net Online Shop. Zukünftig können sich weitere Freiwillige hier mit ihren kreativen Ideen und Design verewiglichen.

 

Schaut gern vorbei, vielleicht gefällt euch ja auch etwas😊

 

Hallo und Willkommen zurück!

Mittwoch, 07.07.2021

Mein letzter Post liegt nun schon mehr als ein Jahr zurück. Seitdem ist so viel passiert, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Zunächst einmal: liebe Grüße aus Südafrika! Seit 4 Wochen bin ich zurück und bleibe für insgesamt 12 Wochen. Ein Drittel meiner Zeit ist also bereits um. Ich habe mich ehrlich gesagt lange dagegen gesträubt, diesen Blog weiter zu führen. Das liegt daran, dass ich mich unwohl fühle, meine weiße und deutsche Sichtweise zu präsentieren.

Anstatt also ein Bild von Südafrika zu zeichnen, möchte ich in diesem Post ein Update dazu geben, woran ich innerhalb des letzten Jahres gearbeitet habe.

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Nach der Ausreise vor mittlerweile 16 (!) Monaten – wie die Zeit rennt – wurde nach einer Beschäftigung der Freiwilligen gesucht. Aus der Not heraus, aber auch um das Potential der Freiwilligen zu nutzen, wurden verschiedene AGs ins Leben gerufen. Wir konnten uns im Bereich Fundraising, Website, Social Media, Newsletter und Freiwilligenkoordination ausprobieren. Für mich war dies eine gute Möglichkeit um weiter bei SAGE Net aktiv zu bleiben, meine Zeit sinnvoll zu nutzen und etwas Neues zu lernen.

Zunächst war ich vor allem in der AG Newsletter aktiv. Wir haben Interviews geführt, Inhalte vorgestellt und Texte geschrieben. Zusätzlich habe ich ein Fotoprojekt geplant und durchgeführt. Daraus ist eine Fotocollage entstanden, die zeigt, dass wir auch während der Pandemie weiter zusammenarbeiten und uns gegenseitig unterstützen.

Ich wollte mich jedoch in mehreren Bereichen ausprobieren und besonders interessiert hat mich das Webdesign. Ich habe noch nie auch nur eine Stunde Informatik belegt, aber warum nicht einfach mal etwas Neues ausprobieren? Das hat auch super geklappt für mich!

Mit der Website wurde mir sehr viel Verantwortung aber auch eine Möglichkeit mich auszuprobieren angeboten. Learning by Doing wurde großgeschrieben und da ich absolut keine Ahnung hatte was zu tun war, habe ich stundenlang Youtube Videos über Responsive Webdesign, Farbschemata und Wordpress angeschaut, Bekannte gefragt, ob sie mir helfen können und dann einfach angefangen. Gleichzeitig muss das Leben natürlich auch weiter gehen und obwohl ich sehr viel Zeit in die Website gesteckt habe, war dies nur eine Nebenbeschäftigung. Neben zwei Jobs, Unibewerbung und persönlicher Entwicklung und Reflexion nach meinem Auslandsaufenthalt habe ich also, vor allem nachts, Seiten designt, verbessert und Inhalte für eine komplett neue Website produziert. Natürlich hatte ich Hilfe beim Hosting und technischen Einstellungen, da ich mich nun wirklich nicht auskenne😊 Dafür bedanke ich mich ganz herzlich!

Die Website ist Mitte Dezember online gegangen und somit fängt die eigentliche Arbeit erst an. In der Zwischenzeit habe ich mich auch im Fundraising Team engagiert. Im Dezember 2020 haben wir einen SAGE Net Kalender mit Fotos von Freiwilligen herausgebracht. Zeitgleich wurden die AG Strukturen ausgebaut. Mittlerweile gibt es eingespielte Teams, die sich regelmäßig treffen und gemeinsam an neuen Projekten arbeiten. Ich bin weiterhin im Fundraising Team aktiv und viele neue Projekte sind derzeit in Arbeit. Gleichzeitig arbeite ich in der Communication AG mit, die sich mit der Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt. Dazu gehört Social Media, wöchentliche Blogposts, ein Newsletter der alle 3 Monate online geht und eben das Führen der Website, die stetige Verbesserung und das Updaten neuer Inhalte. Mittlerweile kenne ich mich sehr gut mit der SAGE Net Website aus, nehme regelmäßig an Webinaren teil und bin verantwortlich für die Online Präsenz von SAGE Net. Mein Engagement macht mir sehr viel Spaß und ich freue mich auf jedes Communication Meeting, in denen wir uns gegenseitig updaten und Redaktionspläne aufstellen.

Vor 16 Monaten hätte ich niemals gedacht, dass mich diese Arbeit einmal so sehr begeistern würde. Ich bin sehr dankbar, dass SAGE Net mir dieses Projekt anvertraut hat. Es macht mir so viel Spaß, meine eigenen Ideen einbringen zu können und diese vor allem auch selbst umzusetzen. Mir ist es sehr wichtig, Transparenz für all die Arbeit zu schaffen, die SAGE Net leistet und den Verein mit meinem Engagement zu unterstützen. Mein Dank geht an das Büroteam!

Hier kannst du die Website besuchen

 

Alles auf Anfang?

Dienstag, 23.06.2020

Ein weltwärts-Freiwilligendeinst beginnt nicht erst mit der Ausreise, sondern schon etliche Monate vorher. Denn der Bewerbungsprozess, der Visumsantrag und das Vorbereitungsseminar sind bereits wichtige Bestandteile dieser Reise, nicht zu schweigen von den letzten Wochen vor der Ausreise, in der es nur noch um Aufregung geht. Ich erinnere mich an mein Vorbereitungsseminar in Wünsdorf-Waldstadt, als wäre es gestern bewesen. Doch wie so viele Dinge zurzeit, kann leider auch das Vorbereitungsseminar nicht analog stattfinden. Stattdessen gibt es einen Stundenplan mit Videokonferenzen, in denen jeweils ein Thema bearbeitet wird. Also lernen wir erneut alles über die Policy, Do's and Don'ts in Südafrika, HIV und die Rolle als Freiwilliger. Zunächst hatte ich keine Lust darauf, all diese Themen noch einmal durchzugehen. Mittlerweile macht es mir aber sogar Spaß. Obwohl wir pro Tag etwa 4 Stunden vor dem Bildschirm verbringen, sind die Sessions nicht so anstrengend. Das Seminar wird aus organisatorischen Gründen über einen Zeitraum von 3 Wochen gestreckt und im September wird es einen zweiten Teil geben. Somit gibt es mehr Raum zum Durchatmen und Verarbeiten. Es wird viel Anreiz zu Literatur und Medien, die zur Eigeninformation genutzt werden können, mehr Eigeninitivative und Selbstverantwortung ist gefragt.

Es ist natürlich nicht dasselbe. Wie gern würde ich in den Mittagspausen mit den anderen im See schwimmen gehen, mit Litern von Kaffee durch den themengespikten Tag kommen und abends mit einem Bier am Lagerfeuer entspannen. So schade es auch ist, dass all diese Dinge gerade wegfallen müssen, desto mehr lässt es mich aber auch realisieren, dass es anders ist. Ih denke, es wäre schwer und sehr emotional für mich, an einem Ort zu sein, der bereits mit einer Vielzahl an Erinnerungen und Assoziationen belegt ist und mit neuen Assoziationen überschrieben werden würde. Vielleicht würde ich dagegen ankämpfen, ich kann es gar nicht genau sagen. Mittlerweile ist es aber ein schönes Gefühl, Teil einer neuen Gruppe zu sein, so sehr ich meine alte Freiwilligengruppe auch vermisse.

Plötzlich gibt es also 15 neue Menschen, die gerade in der Situation sind, die bei mir schon ein Jahr her ist. Es werden Fragen zum Wetter gestellt, zur Wohnsituation, zur Einsatzstelle. Ich denke die ganze Zeit: Spoiler Alert und fühle mich allwissend. Insgesamt sind es 6 Personen. die das Jahr wiederholen und wir kennen natürlich die Mentoren, die Situation und alle Informationen schon. Am schwersten ist es für mich aber, die Personen nicht allzu sehr zu vergleichen. Schließlich verdient jeder eine reale und faire Chance er/sie selbst sein zu können und auch so bewertet zu werden. Natürlich trifft dies vor allem meine neue Mitfreiwillige, die ich automatisch ständig mit Johanna vergleiche. Ich muss mir wirklich Mühe geben, dies nicht herauszukehren. Aber ich bin mir sicher, dass es eine gute Zeit wird, denn ich mag den neuen Jahrgang. Auch wenn wir uns bisher nur durch den Bildschirm kennen, habe ich ein gutes Gemeinschaftsgefühl und bin so dankbar für jeden Einzelnen, vor allem für die Oldies aus meinem Jahrgang. 

Letzte Woche habe ich mal wieder mit meiner Gastfamilie telefoniert und ich bin HYPED!! Die Vermissung ist groß und wir freuen uns alle darauf, einander wiederzusehen. Ich kann es nicht erwarten, dass es wieder zurück nach Südafrika geht, mit neuen Menschen, aber in eine gewohnte Umgebung.

Bis bald,

Rhea.

Das bin ich

Donnerstag, 14.05.2020

Ich bin jetzt seit fast 8 Wochen zurück in Deutschland und ich denke ich sollte mich erneut vorstellen.  Also hier ein Steckbrief, damit ihr mich noch besser kennenlernt.

Wie ist dein Name? Rhea                                                   


Woher kommst du? Jena in Thüringen


Wie alt bist du? 19


In welchem Projekt wurdest du als weltwaerts-Freiwillige eingesetzt?
Makgatho Primary School in Atteridgeville


Wie bist du auf weltwaerts gekommen?
Internetrecherche und eine Freundin, die mich auf ein SAGE Net Projekt
aufmerksam gemacht hat


Was hat dir am meisten an deinem Projekt gefallen?
Wahrscheinlich die Freiheit, die Freiwilligenstelle so zu gestalten, wie wir es wollten und
unseren Fokus auf das zu legen, was uns interessiert. Für mich war es das erste Mal, eine
Aufgabe zu haben, die mit so viel Verantwortung verbunden war. Diese zu meistern und
dabei Teil eines Teams zu sein, hat so viel Spaß gemacht.


Was vermisst du an Südafrika am meisten?
Am meisten vermisse ich die Menschen. Ubuntu. Einen derartigen Zusammenhalt innerhalb der Community und so viel Freundlichkeit, die dir von fremden Menschen entgegengebracht wird, das gibt es in Deutschland einfach nicht. Außerdem vermisse ich meine Gastfamilie, die immer für mich da war. Und das wöchentliche Spathlo-essen mit meiner Mitfreiwilligen, unsere Gauteng-Crew und die gemeinsamen Wochenenden in Johannesburg.


Hast du während deiner Zeit in Südafrika etwas Deutsches vermisst?
Gemüsebrühe und Puddingpulver, nächtliche Spaziergänge allein und definitiv
Katjesgummibärchen


Wie hast du in Südafrika deine Freizeit gestaltet und wie meisterst du deine Freizeit in
Deutschland während der Corona-Pandemie?
In meiner Freizeit war ich sehr viel unterwegs, ob bei Freunden in Johannesburg am
Wochenende, gemeinsame Ausflüge mit meiner Gastfamilie oder Reisen während der
Schulferien. Während der Woche habe ich mit meiner Mitfreiwilligen zusammen nach der
Arbeit gern Sport getrieben oder ebenfalls mit Freunden im Township Zeit verbracht.

Die Freizeitgestaltung war aber immer sehr spontan, manchmal haben wir auch sehr lange gearbeitet und so den Nachmittag und frühen Abend gefüllt, je nachdem, was zu tun war. Vor allem aber, habe ich Zeit mit meinen Gastgeschwistern verbracht und mit ihnen Musik gehört, Hausaufgaben gemacht, getanzt und viel gelacht.
Seit ich wieder in Deutschland bin ist einiges anders, aber langweilig ist mir nicht. Ich
beschäftige mich sehr viel mit globalen Themen und nehme an Seminaren, wie dem Festival der Taten teil. Auch verbringe ich viel Zeit mit lesen.

Wenn das Wetter mitspielt, dann gehe ich gern spazieren, allein oder mit Freunden oder Familie, und nutze die Zeit zum Nachdenken und Reflektieren meiner Erfahrungen aus Südafrika. Seit ich zurück bin habe ich außerdem das Gitarre spielen für mich entdeckt, was ich mir nun selbst beibringe und somit jeden Tag meine eigenen Wohnzimmerkonzerte gebe, auch wenn ich noch viel üben muss. Und ich versuche nun endlich Tswana zu lernen.

 

Ich habe das Gefühl, dass es 3 Rheas gibt, seit ich zurück bin. Die Rhea vor Südafrika, die ich als sehr ängstlich und unsicher wahrgenommen habe. Dann die Rhea in Südafrika, die sich an neue Gegebenheiten anpasst, viele Herausorderungen meistert und die Freiheit hat, ganz sie selbst zu sein. Und dann gibt es mich, die Rhea, die nach all den kostbaren Erlebnissen wieder in Deutschland ist und die plötzlich so viel Zeit zum Nachdenken hat. Die zu Beginn noch ganz verzweifelt und leer war und nicht wusste, wo ihr platz gerade ist, da ich so absolut gar nicht wieder nach Deutschland gehören wollte. Aber wenn ich ehrlich bin, dann mag die die Rhea von heute am liebsten. Vor Südafrika wusste ich soviele Dinge noch nicht und in Südafrika habe ich den tollsten Traum geträumt und war ein Stück weit in einer Blase gefangen. Jetzt ist da so viel Raum und er füllt sich mit neuen Dingen und Chancen, die es sonst nicht gegeben hätte.

Jedoch kommt nach der Corona - Krise natürlich ein weiterer Schritt, denn alles muss immer weiter gehen. Ich kann schließlich nicht für immer von zuhause aus arbeiten, Gitarre spielen und noch bei meinen Eltern wohnen. Aber ich bin noch nicht bereit loszulassen. SAGE Net bietet allen Freiwilligen unseres Jahrgangs die Möglichkeit, das Jahr zu wiederholen. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich etws Neues anfangen sollte und später zurück nach Südafrika gehe. Aber wenn ich ehrlich bin, dann ist mir die Entscheidung nicht besonders schwer gefallen. Wenn ich eines im letzten Jahr gelernt habe, dann ist es auf mein Bauchgefühl zu hören und das sagt mir ganz einfach, dass ich einen Abschluss brauche. Vielleicht muss bei mir auch alles nach Plan laufen, abdr es fühlt sich richtig an, jetzt zurück nach Südafrika zu gehen und danach etwas Neues anzufangen. Kein halbes Jahr mit abruptem Abschied und viel zu wenig Zeit. Sondern eine neue Chance.

Gestern habe ich meinen unterschriebenen Vertrag in den Briefkasten geworfen. Jetzt heißt es warten. Warten auf die Entwicklung der Corona - Situation weltweit. Warten auf die Besserung der Umstände und die Auswirkung auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage. Und dann geht es hoffentlich bald wieder los nach Südafrika und zurück in mein anderes Leben. Ich kann es kaum erwarten.

Bis dahin bleibt alle weiterhin zuhause und schützt euch und eure Familien, aber somit auch andere vor der weiteren Ausbreitung des Virus, um eine baldige und schnelle Besserung herbeizuführen. Unterstützt andere, wo es nur geht und beteiligt euch an Aktionen, die Spenden sammeln für Menschen, die jede Hilfe brauchen, um durch die Krise zu kommen.

Bis bald, Rhea.

Herz und Kopf und Melancholie

Sonntag, 12.04.2020

Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht mehr, wann genau das Bild entstanden ist, aber gerade hat mich eine Freundin wieder daran erinnert. Und jetzt muss ich einfach etwas dazu schreiben.

Das Bild ist entstanden, als wir im Rahmen unseres Zwischenseminars noch in Bulungula waren und in aller Frühe zu einem Sonnenaufgangsfrühstück aufgebrochen sind. Nur ungefähr 3 Schritte weiter habe ich 30 Minuten gesessen, geschwiegen, Pancakes gegessen und gestaunt, wie schön die Welt doch ist. Ich möchte ja nicht die ganze Zeit über so melancholisch sein, aber ich kann einfach nicht genug oder oft genug sagen, wie glücklich ich mit allem war. Das Bild ist nur eine Momentaufnahme, aber wahrscheinlich eines der schönsten Bilder, die es von mir gibt. Eben auch einer der schönsten und kostbarsten Moment, den man nicht einmal mit Worten füllen muss. Ich möchte damit nur kurz mitteilen, dass ich mein zweites Zuhause so sehr vermisse, was eigentlich mein Plan für die nächste Zeit ist und was gerade passiert:

Ich denke ich muss nicht betonen, wie schwer es für alle derzeit ist, die Zeit in Quarantäne oder eben die zu viele freie Zeit mit Dingen zu füllen. Ohne Job, ohne Routine, ohne Sport, ohne sich mit Freunden treffen zu können und vor allem ohne diese umarmen zu können. Ich beschäftige mich viel mit meinem Studium und eventueller Zukunftsplanung. Und ich lese viel. Darüber möchte ich auf jeden Fall künftig einen weiteren Blogeintrag schreiben, denn diese Bücher sind handeln zumeist von politischer Bewegung, Systemkritik, Entwicklung und Südafrika selbst. Es sind zahlreiche Bücher, die ich während meiner Zeit in Südafriak noch lesen wollte, für die ich jetzt Zeit habe.

Ich bin meiner Organisation sehr dankbar, für den Umgang mit der Situation, die sowohl für alle weltweiten Freiwilligen, sowie die Organisation selbst in einem solchen Rahmen ,noch nie zuvor hat stattfinden müssen. Obwohl alle zurück nach Deutschland beordert und somit der Auslandsaufenthalt vorzeitig beendet wurde, sind wir weiterhin SAGE Net-Freiwillige. es würde sich für mich auch merkwürdig anfühlen, wenn ich jetzt auch noch diesen Status verlieren würde. Der Plan ist es, für jeden Freiwilligen eine Weiterbeschäftigung zu finden. Diese Weiterbeschäftigungen gehen in Richtung Öffentlichkeitsarbeit, Fundraising, Gestalten von Websites. So gut es eben geht, sollen auch Tätigkeiten für das Projekt in Südafrika weiter ausgeübt werden, was sich jedoch in meinem Projekt als eher schwierig gestaltet. Was genau die tatsächlichen Arbeiten sein, in welchem Stundenumfang diese stattfinden und wie sich die kommenden Monate nun für uns, als Freiwillige, in Deutschland gestalten werden, erfahre ich sobald wie möglich und ich kann es kaum erwarten, wieder eine Aufgabe zu haben, die Ergebnisse verlangt. Jedoch verfolge ich ein weiteres Ziel: die baldige Rückkehr nach Südafrika. Dafür habe ich innerhalb der Organisation mein Interesse an einer Verlängerung des Freiwilligendienstes angesprochen. Laut dem weltwärts-Vertrag ist es möglich, den Freiwilligendienst um ein Jahr zu verlängern. Ich kannn also nur hoffen, dass ich mit Abschwächen der Corona-Krise und mit erneuuter Entsendung Freiwilliger, zurück nach Südafrika kann.

Wie die Situation in Südafrika aussieht, habe ich bereits in einem anderen Blogeintrag thematisiert. Dies ist natürlich bereits schon wieder ein wenig her. Die Zahlen der Infizierten in Südafrika steigen weiterhin an. Seit mittlerweile 17 Tagen befindet sich das Land im "Lockdown", der nun um weitere 14 Tage verlängert wird. Was dies nun tatsächlich für das Land und seine Menschen bedeutet, hat einer unserer Mentoren, der sich derzeit in Südafrika befindet, hier zusammen gefasst. Bitte lest euch diesen Beitrag durch.

Ich wünsche euch allen ein gesegnetes Osterfest mit eurer Familie oder wo auch immer ihr seid.

Stay strong.

Coronaquarantäne

Freitag, 27.03.2020

Nun bin ich zurück in Deutschland. Zurück in Deutschland. Familie wieder umarmen, wieder im eigenen Bett schlafen und den vertrauten Geruch des Waschmittels einatmen. Nur leider 5 Monate zu früh.

Zunächst einmal, nein, ich muss nicht in Quarantäne. Am Flughafen wurden keinerlei gesundheitliche Tests durchgeführt (ich weise eindeutig noch Grippesymptome auf (nicht Coronatypisch) und die viel zu kalte Klimaanlage auf einem 11 Stunden Flug hat mir echt den Rest gegeben). Obwohl ich mich im Berliner Flughafen aufgehalten habe und Berlin dank Ausgangssperre als Risikogebiet gilt, hat der Landkreis, in dem ich wohne, noch keine ausdrückliche Quarantäne für internationale Reisende angeordnet. Zum Glück, denn 24 Stunden eingesperrt zu sein, könnte ich mit all dem Wirrwarr und dem Auf und Ab der Dinge, die ich gerade fühle und denke, wirklich nur schwer aushalten. Obwohl natürlich auch das verständlich wäre. So kann ich wenigstens Spazieren gehen, in Gruppen, die nicht größer sind als zwei Personen. 

Es wäre eine Lüge zu sagen, dass ich nicht hier sein möchte. In der Zeit der Corona-Epidemie möchte jeder von seinen Liebsten umgeben sein. Wäre ich in Südafrika, meinem zweiten Zuhause, dann würde ich wahrscheinlich so viel wie nur möglich mit meiner Familie in Deutschland telefonieren. Nun bin ich hier und versuche den Kontakt zu meiner südafrikanischen Familie aufrecht zu erhalten, die sich seit Donnerstag Abend in einer 21-tägigen Quarantäne befinden. Zum Schutz aller und um das weitere Ausbreiten des Virus so gut wie möglich einzudämmen, hat der Präsident ein Lock Down des gesamten Landes beschlossen, was für 21 Tage gilt und ab dem 26.03.2020 um 24 00 Uhr in Kraft getreten ist. Geöffnet sind ausschließlich Supermärkte, medizinische Anlaufpunkte. Leider kann eine solche Maßnahme in einem Land wie Südafrika nicht so gut durchgesetzt werden, wie in einem Land wie Deutschland. 

Viele Südafrikaner leben, vor allem in den Townships, mit ihren Mitmenschen auf sehr engem Raum, was das Ansteckungsrisiko begünstigt. Oder eben in den Shacks, Wellblechhütten, wo sie keinen Zugang zu ausgeichend Wasser, Strom und erst recht nicht außreichend hygienischer Umgebung haben. Der Präsident hat ausdrücklich gesagt, dass es eine Lösung für die Vielzahl an Obdachlosen geben soll. Ich weiß nur nicht, wie eine solche aussehen soll. Zudem verdienen sehr viele Menschen ihren Lebensunterhalt damit, Waren in den Straßen zu verkaufen und sind darauf angewiesen, jeden Tag dort zu sein, da sie sonst nicht einmal genug zu essen für ihre Familien kaufen können. Und dann ist da schließlich noch das Gesundheitssystem, was einer Pandemie wie dieser nicht gewachsen ist und auch ohne das Virus den Umständen in den Townhships kaum standhält. Bisher wurden mehr als 700 Menschen positiv auf das Virus getestet und die Zahlen steigen weiter an. Damit ist Südafrika das Land auf dem afrikanischen Kontinent, mit den meisten Betroffenen. Die positiv getesteten Menschen hatten sich zuvor in Risikogebieten aufgehalten. Wie hoch die Zahl der bereits Infizierten jedoch tatsächlich ist, kann nur geschätzt werden, da eine systematische Untersuchung in den Townships, die Kapazitäten des Gesundheitssystems sprengen würde. Somit ist auch Selbstisolation oder Quarantäne für viele Menschen in den Townships nicht möglich, beziehungsweise bei Infektion nicht ausreichend. Nachdem das Virus in tropischem Klima zunächst nicht überlebensfähig schien und Südafrika das Leiden anderer Länder noch nur durch die Medien wahrnahm, hat Corona nun auch Südafrikafest in der Hand, mit verheerenden Folgen für dieses Land.  

Wie es mir geht? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich mache mir viele Sorgen um dieses wunderschöne Land, welches ich gerade verlassen habe, um meine Gastfamilie, meine Freunde, die vielen Kinder in der Schule, von denen ich mich nicht einmal verabschieden konnte. Viele von ihnen sind auch auf die sogenannten ''Feeding-programs'' der Schulen angewiesen, die ihnen zumindest eine (warme) Mahlzeit am Tag liefern. Was passiert jetzt mit ihnen, wenn sie 21 Tage das Haus nicht verlassen können, ihre Eltern nicht einmal ein wenig Obst in der Straße verkaufen können und kein Essen auf den Tisch kommt. Verhungern sie einfach?

Es wird wieder einmal klar, dass man sich einfach nur glücklich schätzen kann, ZUFÄLLIG in Deutschland geboren zu sein, wo es ÜBERHAUPT keine Frage ist, genug Essen für 21 Tage oder ÜBERHAUPT zu haben, geschweige denn unzureichende medizinische Versorgung zu bekommen. Es ist ÜBERHAUPT KEINE FRAGE. Ich bin dafür sehr dankbar. Und gleichzeitig auch unendlich traurig über die unfaire Verteilung und Einteilung und Strukturierung der Welt. Ich denke an alle, denen es nicht so selbstverständlich gut geht, wie mir. 

Vielleicht ist es für das Ankommen ganz gut, dass ich nicht nach Draußen gehe und dort all die Menschen treffe, die man nur so halb vom Sehen kennt. Warum bist du schon wieder da? Warum hast du dir die Haare abgeschnitten? Wie ist denn Afrika? Ich hätte gerade keine Kraft für das Beantworten dieser Fragen. Denn Fortgehen ist ja so schwer, aber Wiederkommen ist schlimmer. Ich habe das Gefühl, ich wäre nie weg gewesen. Alles sieht noch so gleich aus. Ich weiß, wo alles steht, kenne jeden Weg im Schlaf. Aber das stimmt eben nicht. Ich sehe es, wie mein Bruder innerhalb der letzten 7 Monate gewachsen und wie meine Familie mich fragend anschaut, wenn ich Worte verwende, die sie nicht kennen, oder manche Dinge anders mache. Es wird noch lange dauern, bis ich mich hier wieder anpasse, momentan befinde ich mich in einer Art Schockstarre. Ich bin nicht traurig, nicht glücklich, ich fühle einfach nur recht wenig. Trotz alledem versuche ich optimistisch zu bleiben, so gut es eben geht und das Beste aus der Situation zu machen. Ich hoffe nur, dass es euch allen und euren Familien gut geht. Bleibt gesund und vorallem BLEIBT ZUHAUSE. In diesem Sinne bis bald und auf eine baldige Besserung für alle Betroffenen und an alle Länder, in denen die medizinische und gesellschaftliche Situation nicht so gut abgesichert ist, wie in Deutschland.

Liebe nach Südafrika, mein Zuhause, meine Gedanken und mein Herz sind bei euch.

Ich werde hier trotztdem noch weiterhin Blogeinträge hochladen, um einfach die Umstände verarbeiten und darüber informieren zu können. Und vor allem lebe ich von all den Bildern, also schaut auch da vorbei.

Der zu schnelle perfekte Abschied

Donnerstag, 19.03.2020

Nicht zu fassen, wie schnell alles ging. Die letzten Tage waren so lang, emotional und bittersüß.

Heute ist der letzte Arbeitstag. Erstmal ein letztes Mal morgens Johanna abholen, verschlafen ein Taxi rufen und froh sein, dass man diesen Berg nicht hochlaufen muss. In eine Mappe eintragen, den Schlüssel abholen und in das eigene Office setzen, mit dem morgendlichen Kaffee und 60 Tablets, die alle noch geladen werden müssen, bevor all die Kinder mit ihren Stimmen die Library füllen. Von den Kindern konnten wir uns leider gar nicht verabschieden, nur unsere Soul Buddyz wissen von der Möglichkeit, dass wir fahren. Wir haben uns die Zeit genommen, mit ihnen gemeinsam über Corona zu reden, sodass sie ihre Fragen loswerden und ihre Ängste teilen konnten. Dass es in Deutschland derzeit soviel schlechter aussah, hat alle sehr erschreckt und die bestehende Möglichkeit, dass wir eventuell zurück müssten, noch viel mehr. Allerdings war dies auch der letzte Schultag und für unsere (wahrscheinlich) letzte Soul Buddyz Lesson hatten wir uns etwas besonderes für die Kinder überlegt. Eine stattliche Menge an Süßigkeiten hatten wir bereits am letzten Freitag und diese sollten sie nun bei kleinen Spielen gewinnen können. Staffelähnliche Spiele, bei denen sie sich richtig auspowern können und am Ende jeder eine Belohnung bekommt, wir sind schließlich alle Gewinner;)

 

Demnach war der Abschied von der Seite unserer Soul Buddyz nicht so emotional, wie er eigentlich gewesen wäre. Ich werde jedes einzelne dieser Kinder so sehr vermissen, sie sind so wunderbare Menschen, die mir viel beigebracht haben.

          

10 Minuten, nachdem alle Kinder die Schule verlassen hatten, wussten wir dann mit Sicherheit, dass wir fliegen müssen. Nachdem wir nun wissen, dass wir Makgatho sehr viel früher als gedacht verlassen, konzentrieren wir uns auf das Thema Nachhaltigkeit. Nach uns wird es weitere Freiwillige geben, die das Projekt ein halbes Jahr später so vorfinden, wie wir es hinterlassen haben. Also investiert man nochmal 8 Stunden und schreibt ein 15-seitiges Library-Handover, was alle Probleme, sowie Tricks und Tipps beinhaltet, die wir uns angeeignet haben und vielleicht selbst gern gewusst hätten. Mir ist das Projekt sehr wichtig, Johanna und ich haben viel  Kraft und Zeit in die Planung gesteckt und das Mindeste, was wir jetzt noch tun konnten war, eine möglichst gute Erklärung zu hinterlassen, die den neuen Freiwilligen dabei hilft, das Computersystem und Soul Buddyz zu verstehen. Außerdem haben wir noch Briefe an die Koordinatoren geschrieben, mit denen wir eng zusammen gearbeitet haben. Wir haben versucht zu erklären, was wir in den letzten 6 Monaten gemacht haben, was sich verändert oder verbessert hat und was wir noch vorhatten. Gerade zu Soul Buddyz hatten wir ganz besonders viel zu sagen, wir hatten schließlich im Dezember eine Art Lehrplan für das gesamte Schuljahr geschrieben mit Themen, die wir abarbeiten wollten. Beim Durchgehen durch all die von uns erstellten Materialien und Arbeitsblätter, ist mir klar geworden, wie stolz ich auf das bin, was hier passiert ist. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass wir angekommen sind und einen Teil zur Schule und auch der Entwicklung der Kinder beitragen können. Ich habe hier selbst so viel gelernt und entdeckt, dass ich diese Arbeit gut kann und sie mir auch Spaß macht.

In unseren Briefen haben wir uns natürlich auch für all die Unterstützung und Hilfe bedankt, vor allem ich habe da so viel zu sagen, da ich ganz zu Beginn so verloren ohne meinen Mitfreiwilligen war und bestimmt eher eine Last, als Hilfe, war. Geplant war, uns vom gesamten Kollegium mit Übergabe der Briefe, sowie ausgedruckter Fotos und selbstgebackenem Kuchen, bei einem Meeting zu verabschieden. Das Meeting gab es auch, nur anders als von uns erwartet. Eine Lehrerin hatte uns ins Office gebeten und uns ein Kleid für Johanna und eine Hose mit Bluse für mich in die Hand gedrückt. Traditionelle Sepedi-Klamotten. Ich war mehr als überfordert von dieser Geste, doch damit war es noch nicht getan. Bei Makgatho wird, immer wenn jemand geht, ein Geschenk überreicht und ein paar liebe Worte gesagt. Tatsächlich wurden nicht nur Johanna und ich verabschiedet, noch zwei andere Mitarbeiter verlassen mit uns die Schule.Wir wurden gebeten unsere neuen traditionellen Kleider zu tragen, damit wir als offizielle South African Citizens berabschiedet werden können. Ein Kollegium, zu dem du selbst in den letzten 6 Monaten gehört hast, singt mit lauten Stimmen die südafrikanische Hymne (übrigens die schönste Hymne der Welt) und in diesem Moment gehörst du wirklich dazu. Worte werden schluchzend herausgepresst und dir wird klar, dass du eben doch zu einer Familie gehörst, auch wenn du aus einem anderen Land kommst und die Menschen, mit denen du gearbeitet hast, dir das erst zum Ende richtig zeigen.

Ich kann an dieser Stelle nur DANKE sagen (diese Personen werden meinen Blog niemals lesen, geschweige denn sprechen sie meine Sprache, aber ein paar Namen müssen hier jetzt genannt werden)

Danke, an Mam Dlamini und Violin, die wohl herzlichsten Menschen der Welt.

Danke, an Mam Matlala, unsere Library-Mama, die super viel Geduld mit uns hatte und mir immer wieder erklärt hat, wie ich bei 60 Kindern in einem Raum die Kontrolle behalte.

Danke, an Andile und Tebogo, die mit uns die Pausen verbracht haben und mit denen wir so viel gelacht haben, wenn Johanna und ich versucht haben, Sepedi zu sprechen.

Danke, an Jane, unsere Chefin, die vielleicht ein wenig Ärger mit uns hatte, aber immer offen für unsere Ideen war und uns das erst hier ermöglicht hat.

Und Danke an Mpumi, die uns früh immer Kaffee gemacht hat, ohne dich hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt♥

Number ONE

Montag, 16.03.2020

Seit Wochen liefen auf Arbeit die Vorbereitungen auf Hochtouren. Mithilfe von Spendengeldern, war es der Schule möglich, die langersehnte Küche nicht zu renovieren, sondern ein eigenes Gebäude für diese zu bauen. Diese neue Küche soll heute bei einem feierlichen Event übergeben werden. Und zwar von niemand geringerem als dem Minister of Education of South Africa.

Letzten Freitag war der wohl längste Arbeitstag. Bis 19 00 haben wir alles geputzt, geschruppt. So ordentlich war alles selten, alles geplant, jeder wusste seine Position und Aufgabe für den Montag. Doch nach der Rede des Präsidenten und der Nachricht der vorzeitigen Schulschließung, sowie der Absage sämtlicher künftiger Großveranstaltungen, kommt die Ministerin am Montagmorgen doch nicht. Dann machen wir eben unsere eigene Feier, nach all der Arbeit und Anspannung, die heute von uns abfällt. Und genauso wird es auch.

Auf dem Sportplatz steht ein riesiges Eventzelt, was nun mit den Schülern gefüllt wird. Geplant war ein Programm, der Auftritt des Chors, Reden von Schülern und jede Menge Musik, was jetzt die Schüler genießen. Alle tanzen ausgelassen, den heutigen Tag kann nichts ruinieren.

Und mittendrin ertönt immer wieder der Ruf "Number One". Die Schule ist die Nummer Eins, die neue Küche ist für alle und bietet ganz neue Möglichkeiten. Das wird in vollen Zügen gefeiert und genossen, mit Essen, musik und dem Lachen der Kinder und aller die, die so lange dafür gearbeitet, geplant und gehofft haben. Es tut so gur, ein Teil dieser Freude zu sein, auch wenn wir nicht explizit an diesem Projekt mitgearbeitet haben, sind wir heute ein Teil der Number One, Makgatho.

Und inmitten des Lachens, des Glücks und all der Dankbarkeit, vergesse ich sogar für einen Moment die Sorgen über eine mögliche baldige Abreise.

Tränen und Umarmungen

Sonntag, 15.03.2020

Heute ist meine Welt zusammen gebrochen. 

Ich war gerade unterwegs, gemeinsam mit meiner Gastschwester. Den Sonntagabend genießen, frei sein. Für 19 00 Uhr war eine Rede des Präsidenten, bezüglich der weltweiten kritischen Situation, aufgrund des sich rassant ausbreitenden Corona-Virus, angekündigt. Circa 3 Stunden später ist meine Stimmung im Eimer. Die Schulen sollen noch diese Woche geschlossen wwerden, ähnlich wie in Deutschland. Außerdem ist die erste E-Mail des Auswärtigen Amts eingetroffen, erste Hinweise zu der Situation und die Bitte zur dringenden Alarmbereitschaft. Nurr knappe 5 Minuten später trudeln die ersten besorgten Fragen aller Freiwilligen an Mentoren, Koordinatoren und die Organisation ein.

Zunächst wird zur Ruhe gemahnt, es geht um viele Hygienemaßnahmen, doch die Zahlen der Infizierten in Südafrika steigen rassant an. Außerdem drängt das Auswärtige Amt viele Entsendeorganisationen aufgrund der unklaren Sicherheitslage zur sofortigen Rückreise sämtlicher Freiwilliger auf der ganzen Welt. Meine Freunde im Kalafong Hospital teilen es uns am Montag Morgen mit, sie fliegen zurück nach Deutschland. Dienstag Nachmittag wissen auch wir es, das Auswärtige Amt ordnet einen sofortigen Rückruf aller Freiwilligen an. Es geht für uns zurück nach Hause.

Die kommenden Tage sind komisch. Wir sind immer zusammen. Ich habe mich noch nie in meinem Leben so merkwürdig gefühlt, irgendwie zerrissen. Wir müssen wirklich zurück nach Hause. Aber dafür eben auch unser jetziges Zuhause verlassen. Ich war selten so dankbar, eine handvoll Menschen um mich zu haben, wie in dieser letzten Woche. Uns allen geht es genau gleich. Die abwechselnden Stimmungen von Optimismus und Genuss der letzten Tage und dem spontanen Ausbrechen in Tränen, weil zufällig ein Lied läuft, zu dem wir auf dem letzten Roadtrip noch lauthals und bedingungslos glücklich gesungen haben. Ich bin einfach nur froh, dass mich jemand in den Arm nimmt. Oder mit mir eine Runde geht, wenn ich das Gefühl habe, sonst zu platzen. Schon krass, wie sehr einen Erfahrungen und Begegnungen als Gruppe zusammen wachsen lassen.

Es ist komisch, wie sehr man Dinge plötzlich zu schätzen weiß, wenn man plötzlich realisiert, wie schnell sie doch auch wieder zuende sein können. Atteridgeville kam mir noch nie so schön, so besonders, vielleicht bin ich auch einfach anders. Ich falle in viele Gewohnheiten zurück, bin sehr hektisch. Auch meine Gastfamilie hat sich, denke ich, viele Sorgen gemacht. Mit ihnen verbringe ich ganz besondere, zunächste letzte, Tage. Eigentlich machen wir nichts besonderes, raus gehen ist nun auch in Südafrika nicht länger erwünscht, aber es so viel wert, noch einmal mit meinen Gastgeschwistern im Hof zu kuscheln, Musik zu hören, mit meiner Gastmutter zu diskutieren oder zusammen ein Bier zu trinken.

Ich bin so traurig, über die Zeit, die ich jetzt nicht haben kann. Über all die Plätze, die ich innerhalb der nächsten fünf Monate nicht besuchen werde. Die Menschen, die ich nicht sehen werde, die Arbeit. Die Pläne, die nun nicht zur Wirklichkeit werden. Meine deutsche Familie hätte mich nur 2 Wochen später selbst besucht und ich hätten ihnen so gern alles gezeigt, was mir hier so wichtig ist. Vor allem bin ich aber so dankbar für die letzten 6 1/2 Monate. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie gut mir diese Zeit getan hat, deshalb schreie ich in meinem Kopf nur noch DANKE und genieße die letzten Tage in vollen Zügen, mit all den Menschen, die ich hier so lieb gewonnen habe, meiner Familie. Zurück kommen kann ich immer.

Ich hoffe, dass ihr alle mit euren Lieben seid und euch gemeinsam durch diese schweren Zeiten helft.

Bis bald.

Fremd

Sonntag, 08.03.2020

Nicht jeder Tag ist ein Guter. Manchmal fühlt man eben, dass man vielleicht nicht zu 100 Prozent dazugehört, sondern aus einem anderen Teil der Welt kommt und anders tickt. Für mich ist dieses Gefühl schwer einzuordnen, aber wahrscheinlich ist es Heimweh. Mashadi hat mich einmal in den Arm genommen und gesagt: "Weißt du Rhea, manchmal habt ihr Heimweh, auch wenn ihr es gar nicht wirklich merkt. Und es ist okay, heimweh zu haben."

Nach einer Zeit von 6 Monaten bin ich hier Zuhause. Aber Zuhause impliziert eben auch, dass Menschen dich verstehen, nicht nur innerhalb der eigenen vier Wände. Es impliziert, dass du mit der Masse der Menschen unausgesprochene Gemeinsamkeiten teilst, unausgesprochene Regeln befolgst, Verhaltensmuster. Mentalität. Ein so großes Wort, denn was ist Mentalität alles? Für mich ist Mentalität ein Teil der Persönlichkeit und deines Verhaltens, was du durch unbewusstes Beobachten und Nachahmen deines Umfelds erlernst. Doch das ist nur, deine eigene Mentalität, die Mentalität des Landes, in dem du lebst ist so viel mehr. Für mich spielt da das Lebens- und Sicherheitsgefühl, ebenso wie die soziale Situation und eben das System von Universalismus und Patikularismus hinein, worauf ich in einem anderen Blogeintrag schon eingegangen bin. Doch wie soll oder kann ich eine Mentalität denn verstehen, wenn ich von einem Ort komme, an dem die soziale Situation, die Sicherheit und eigentlich fast alle Strukturen für mich sicher und fest sind. Wie kann ich Dinge kopieren, Verhaltensmuster anpassen und diese Dinge auch noch toll finden, wenn der Grund des Verhaltens der Menschen eigentlich ein nicht erstrebenswerter ist. Wie kann ich die Streetscene und die entspannte Einstellung der Menschen, sowie die Offenehit und Toleranz gegenüber jedem einzelnen Individuum so feiern, wenn gerade die Entspanntheit ein Ergebnis der weitreichenden Armut ist. Ganz einfach. Weil ich die Möglichkeit habe, es zu sehen. Weil ich das Glück hatte, in einem Land mit sicheren Strukturen geboren zu sein, was mir heute die Möglichkeit gibt, die Welt und all diese Ungerechtigkeit zu sehen.

So viel der Dinge, die ich bereits nach 25 Prozent meines Freiwilligendienstes als gut und besser betrachtet und empfunden habe, scheinen mir zurzeit zwar noch richtig, aber der Grund wie diese Verhaltensmuster zustande kommen, ist so eindrücklich, dass es doch sehr fake ist, ein Verhalten nachzuahmen, was einen solchen Ursprung hat. Oder ich lerne mich eben gerade selbst kennen und erkenne, welche Seiten von mir in einer Gesellschaft, die auf Leistung und Schnelligkeit getrimmt ist, unterdrückt ist. Man kann sich eben nicht nur die guten Dinge und Verhaltensweisen rauspicken und sich eine "perfekte" Mentalität kreieren. Die Mentalität kreiert sich selbst, aus dem was uns umgibt, die Art und Weise, wie Menschen mit uns interagieren. Also kreiiert und formt die Mentalität eher uns. Und äußert sich eben in der African Time, der deutschen Überpünktlichkeit und so viel anderer Dinge.

Und manche Dinge verstehe ich nicht ganz, möchte ich vielleicht auch nicht ganz verstehen, weil sie für mich einfach in dieser Form keinen Sinn ergeben. Ich habe mich schon oft aufgeregt, über langatmige Prozesse, Organisationen die sich in die Länge ziehen, oder einfach, wenn die Kopie, auf die ich seit 2 Stunden warte, 3 Wochen später immer noch nicht bei mir angekommen ist.

Dieses Thema ist so unendlich interessant, doch beschäftigt mich derzeit ebenso emotional. In einem Land zu leben, lässt mich meine eigene Mentalität infrage stellen, ich versuche sie zu bewerten. Bis zur Akzeptanz habe ich noch viel zu lernen. Doch das ist auch das Schöne daran. Das Land aus dem wir kommen, ist eben doch mehr, als nur ein Wort in unserem Pass. Es formt uns und unser Verhalten, kann aber auch bewusst von uns selbst geformt werden. Ich möchte mich mit ganz vielen verschiedenen Menschen und Mentalitäten umgeben, von denen ich lernen kann, die aber auch von mir lernen können.

Bis bald.